VI Goethes Faust I Bücher und Objektkästen 1981 - 82 (Auswahl)
VIIGalerie der Aufrechten -llustrationen Lebensstationenvon Sophie Scholl
I Hebräer 13
In einer Geschichte von Kolonisatoren und Kanälen, Kartoffeln und Königskindern wird Nikolaus Mohr zum Teilhaber.
Er gräbt und pflanzt, wo schon andere vor ihm Gräben gezogen und Kartoffeln gesteckt haben. Der Bippus und der Wolf, der Dreher Gottfried und die anderen.
Dabei ist es nicht seine Geschichte, in der er zum Teilhaber wird. Er ist kein Kolonist aus dem Unterland. Er ist kein Nachfahre der Separatisten und Pietisten. Er kommt mit der Geschichte der Kultivierung des Lengenweilers Moosrieds durch die Aussiedler aus Korntal nicht durch Herkunft oder Seelenverwandtschaft in Berührung. Aber er wird – mit seinem fremden Blick – zum Teilhaber der Geschichte, indem auch er mit dem Spaten ins Ried geht.
Als die Kolonisten im Januar 1824 das Ried zum ersten Mal von der Anhöhe bei der Ziegelhütte sehen, sehen auch sie es mit fremdem Blick. Sie halten die schwarze Erde für fruchtbar, das viele Wasser für nützlich. Doch nicht alles was im Unterland gilt, gilt auch im Oberland. Aber auch sie werden zu Teilhabern, Teilhabern an der Geschichte eines ihnen fremden Landstrichs. Sie ringen mit einem Boden, den sich nicht kennen und mit Bedingungen, die ihnen nicht entgegenkommen. Eine Vertonung von Hebräer 13 sollen sie in Mägerkingen beim Bruder Hansmarte gesungen haben, bevor sie von dort zur letzten Etappe ihrer Reise aufgebrochen waren. Wir haben hier doch keine Stadt, die ein beständiges Bleiben hat; die künftig ist, die suchen wir und nicht Sinn und Lauf nach ihr.
1836 sollte nach Bengels apokalyptischen Berechnungen das tausendjährige Reich beginnen und damit die alte Zeit und Geschichte enden. Kein „beständiges Bleiben“ war also nicht nur im zu eng gewordenen Korntal, sondern auch nicht in dieser Weltzeit. Das entstehende Wilhelmsdorf aber konnte als vorlaufender Schatten eines kommenden neuen Zeitalters gesehen werden. Von sich aus gab das Ried zu dieser Zukunftsperspektive keinen Anlass. Nur ein fremder Blick konnte solche Visionen ins Ried pflanzen.
Nikolaus Mohr erinnert an diesen fremden Blick, der so unrealistisch war, dass er wahr wurde. Dieser Blick muss den Nachfahren der Kolonisten selbst fremd geworden sein. Hebräer 13 zwar noch auf den Lippen, doch längst sesshaft und kultiviert in Eigenheimen, ihre Eigenheiten traditionsbewusst kultivierend – und das dem Moor abgetrotzte Ackerland nun wieder renaturierend.
Nikolaus Mohr gräbt und steckt Kartoffeln. Von oben wird man HEBR. 13 lesen können.
Bild: Google Earth 2006 (Luftaufnahme von 2001 / sichtbar auf Google 2006 / Zoom vom Weltall bis auf diese Größe) Photos und Untertitel (c) 2000-2007 by M. Thümmel www.roommoor.de Kap. 13 Letzte Ermahnung Bleibt fest in der brüderlichen Liebe. Gastfrei zu sein vergeßt nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt. Hebräer 13, 1-2. Kartoffeln. Gepflanzt in großen Lettern. Im Ried, wie einst die Kolonisten. Blühend, aus der Luft. Ein Weg-Kreuz. Welch eine Freude - die Kolonisten als Engel hätten.
II Bilder vom Berg - Ikonolog Ausstellung in der Feldbergkirche 2014 Gemeinschaft Christl. Künstler Erzdiözese Freiburg
Die als Ichthys (griech. Fisch) bezeichnete Arbeit von
Nikolaus Mohr beschreibt die Umrisse eines Kreuzes, das gebildet wird durch
geordnet aufgereihte Fischkonserven. Mohr spielt hier mit zwei urchristlichen
Symbolen, dem Kreuz und dem Fisch. Das Kreuz symbolisiert gleichermaßen den Tod
und die Wiederauferstehung von Jesus Christus. Während der Fisch für die
Christen als solche steht und laut einer historisch nicht belegten Auffassung
wohl schon von den frühen Christen als Geheimzeichen genutzt wurde.
Aus dem Lukasevangelium stammt der Satz: Jesus sagte zu
Petrus: Fürchte dich nicht! Du wirst jetzt keine Fische mehr fangen, sondern
Menschen für mich gewinnen. Und so wurde aus dem Fischer Petrus ein Jünger und
der sogenannte Menschenfischer, der im Auftrag Jesu missionierte. Die
Bodenarbeit von Nikolaus Mohr greift diese Symbole auf und formuliert sie
zeitgemäß. Fischkonserven entstammen unserem modernen Leben und der
Convenience-Küche. Schon die äußere Form ist uns von Weitem vertraut und wird
als Fisch und gleichermaßen als Kreuz umschreibend gelesen. Die Kunst bedient
sich einer Sprache, die
einem gemeinsamen, aktuellen Weltverständigungshorizont
entspringt, die als allgemein verständlicher Code oder Icon gelesen werden
kann.
Unser moderner Alltag wird mehr und mehr auf eine
Bildsprache reduziert, ob in Form von Hinweisschildern, Apps oder
Bedieneroberflächen von Computern oder anderer Geräte des Alltags. Nikolaus
Mohr bedient sich dieses Referenzsystems, um christlich tradierte Inhalte zu
formulieren und somit zu einer neuen Leseart zu gelangen. Daniela Maier M.A. aus dem Katalog Bilder vom Berg - Ikonolog
Ichthys Installation aus Fischkonserven 280 x 180 cm Feldbergkirche 2014
III "Heute keine Kreuzigung. Pilatus"
Wir sind hier in der zweiten Barockkirche Rottweils, der
Rottweiler Passionskirche, die sich einem einzigen Thema, der Passion,
verschrieben hat und auf die Stiftung einer Frau zurückgeht, deren Mann
wunderbar geheilt worden ist.
In unterschiedlichsten Etappen und sehr plastisch wird uns
hier das Leiden Christi vor Augen geführt: der Kreuzweg, das Vesperbild oder
die Pieta, Christus in der Rast, verschiedene Kreuze und Kreuzesdarstellungen,
alttestamentliche Opferfiguren und -szenen, die Leidenswerkzeuge und ganz oben
in Anspielung auf die Wundmale und -zeichen Jesu ein Kreuz mit den vom Körper
abgetrennten Gliedmaßen und dem herausgelösten Herz– zwei Hände, zwei Füße, das
Herz Jesu.
Trotz dieser sehr plastischen, keineswegs zurückhaltenden,
eher grausamen Darstellungen des Leidens und Sterbens Jesu erregt hier in der
Kirche ein Schild besonderes Ärgernis – ein Schild, das auch einen ganz anderen
Text tragen könnte: heute keine Waren, Parken verboten, heute kein Rosenkranz,
heute kein Gottesdienst, heute keine Heilige Messe, heute keine Auferstehung –
und doch nur diesen einen trägt: heute keine Kreuzigung. Pilatus.
Mit seiner Intervention, mit seiner Installation wollte und
will der Künstler Nikolaus Mohr keine religiösen Gefühle verletzen. Er will zum
Nachdenken anregen, er will anstoßen, Anstoß nehmen. Er will nicht das Rad der
Geschichte zurückdrehen, er will nicht etwas ungeschehen machen, er will Fragen
aufwerfen, er will uns einladen, uns Gedanken zu machen:
Was wäre gewesen, wenn Pilatus dazu wirklich fähig gewesen
wäre? Wie erginge es Jesus im Kerker, wenn für einige Stunden, vielleicht auch
Tage, Wochen, Monate, Jahre gar die Hinrichtung ausgesetzt und die Zeit
angehalten worden wäre? Wie gehen wir heute um mit unliebsamen Zeitgenossen und
Menschen? Wir kreuzigen nicht mehr im Stile Roms – aber Mobbing, Diffamierung,
Bloßstellung, Ausländerhass, Vollstreckung von Todesurteilen in den USA und an
anderen Orten, bemühte göttliche Vorsehung bei Kriegen, Katastrophen und
Terrorakten – sind das nicht neue quasi zivilisierte Formen von Kreuzigung? Was
gibt uns das Recht über andere zu urteilen?
Ich habe von dem Widerstand und Widerwillen, den man diesem
Schild entgegenbringt gehört. Bereits am ersten Abend nach seiner Aufstellung
war es weggestellt worden. Fortan wird es in Gottesdiensten zur Seite gedreht,
damit man es nicht vor Augen hat, nicht lesen braucht. Damit es einen weder im
Gebet noch in der Stille, weder beim Hören der Frohen Botschaft noch bei der
Darbringung der Gaben vor Augen hat. Doch auch, wenn ich es aus meinem Blick
verbanne, weiß ich darum, bleibt der kurze und deshalb so griffige Text vor
meinem inneren Auge stehen. Und auch dann, wenn es nach dem 6. November wieder
abgebaut wird, nicht mehr hinter der Kommunionbank im Chorraum steht, bleibe
ich daran erinnert: Heute keine Kreuzigung. Pilatus, steht in schwarzen
Buchstaben auf dem gelben Schild.
Diese Art von Schildern kennen wir: Baustelle betreten
verboten; Parken verboten; Ausfahrt freihalten; Spielen verboten; Rasen
betreten verboten; Widerrechtlich Parkende werden kostenpflichtig abgeschleppt;
Tiere bitte nicht füttern; Betreten verboten; Angeln verboten; Durchgang zum
See verboten; Privatweg; Vorsicht vor dem Hund usw. Sie begegnen uns ständig und
dann können wir einander beobachten, wie wenig wir sie beachten, uns danach
richten. Wir sehen sie – doch sie haben in der Regel keine besondere Wirkung.
Dieses Schild des Künstlers Nikolaus Mohr aus Ostrach gehört
in die Reihe der von Privat gefertigten Schilder im öffentlichen Raum Es passt
sich in Größe, Farbe und Form dem Raum an: Gelbes Schild mit schwarzer Schrift
auf anthrazitem Grund. Für seine Aufstellung gab es unterschiedliche Ideen: an
die Fassade schrauben – wie Parken verboten; Fahrräder abstellen verboten;
Schaufenster freihalten; Vorsicht Dachlawine – über die Tür hängen oder wie
jetzt an einem mobilen Ständer befestigt. Es wurde jetzt aufgestellt und kann
und wird wieder weggestellt. Heute – nicht morgen, nicht gestern, nicht
vorgestern, nicht vor 2000 Jahren – heute keine Kreuzigung.
Es hat keine die Geschichte verändernde Wirkung. Es kann und
will das Geschehen am Kreuz nicht rückgängig machen. Es wirft aber zumindest im
Blick auf dieses Geschehen die Frage nach der Macht des Pilatus auf. Wäre es
nicht denkbar, dass es diesem Statthalter, seinen Soldaten, dem
Hinrichtungskommando in den Sinn gekommen wäre, die Hinrichtung ab- oder doch
zumindest auszusetzen? Waren denn die Menschen damals so gefühlskalt, solche
Hinrichtungsfanatiker? So nach dem Motto – täglich eine Kreuzigung –zur
Belustigung und Besänftigung des Volkes und als Arbeitsbeschaffung oder
Freizeitbeschäftigung für die kriegsverwöhnten Soldaten?
Pilatus jedenfalls beansprucht im Gespräch mit Jesus für
sich diese Macht.
Wir wissen, er knickt ein, er beweist kein Rückgrat; er
macht sich zum Vollzugsgehilfen des Mobb –wohl ahnend, dass es immer noch einen
anderen geben kann und wird, der dieses Urteil sprechen wird. Wenn er es nicht
spricht, hat er für immer verspielt. Also – Schüssel her, Hände in Unschuld
waschen und dem Willen der anderen genügen.
Patrick Scherrer, Theologe und Kunsthistoriker aus München,
hat in seinem Bildimpuls noch einen weiteren Aspekt herausgearbeitet. Er betont
zu Recht, dass der Künstler mit diesem Schild unterstellt, dass wir heute im
Umgang mit unseren Mitmenschen keineswegs abgeneigt sind, dem einen oder
anderen das Kreuz zu wünschen, den einen oder anderen zu mobben, ihn schlecht
zu machen, zu hintergehen, anzuschwärzen, ihn nach allen Regeln der Kunst
fertig zu machen. Auch in unserer westlichen, zivilisierten Welt gibt es noch
die Todesstrafe. Wir fordern die Einhaltung der Menschenrechte, lassen aber zu,
dass Menschen hingerichtet werden.
Das Schild von Nikolaus Mohr mahnt uns an: heute keine Kreuzigung
– im Namen des Statthalters, der vielleicht schmerzlich eingesehen hat, dass er
sich mit dem Urteil versündigt hat und die daher die Abschaffung von Kreuzigung
und Todesstrafe fordert.
Mir geht noch ein weiterer Gedanke durch den Kopf. Wir
befinden uns hier in einer Ruhe Christi Kirche, deren Patronat „Christus in der
Rast“ ist. Ein sehr junges Patronat, das besonders in Osteuropa, Tschechien,
der Slowakei und in Polen ausgeprägt ist. Wer den Friedhof in Zakopane besucht,
findet dort etliche ähnlich aufgebaute Grabmale, die Christus in der Rast,
Christus in der Ruhe, den Erbärmdechristus, Christus im Kerker zeigen.
Biblisch ist es nicht ganz eindeutig begründet. In den
Synoptikern gibt es zwar einen Zeitsprung von der Nacht zum anderen Tag, zum
Morgen, aber an keiner Stelle ist eindeutig von einem Kerkerchristus die Rede.
Denkbar wäre auch, dass der Gefangene eine ganze Nacht gefoltert und gequält
wurde, um ihn damit bewusst zu schwächen.
Dennoch ist es nicht abwegig, wenn wir davon ausgehen, dass Christus
den Rest der Nacht in einem Kerker verbracht hat – mit der Dornenkrone auf dem
Kopf und den Ysop Stab in der Hand – eine szenische und bildliche Fortsetzung
des Ringens und Betens im Garten Getsemani. Und ich frage mich, was ginge in
ihm vor, was geht in einem Verurteilten vor, wenn die Verurteilung, wenn deren
Vollstreckung durch ein solches Schild ausgesetzt wird, wenn der Gefangene
dieses Schild vor Augen hat. Wird das Warten dann zur Qual? Keimt Hoffnung auf?
Hoffnung darauf vielleicht, dass das Urteil nicht gefällt, die Hinrichtung
nicht vollstreckt wird, dieser Kelch doch an mir vorübergeht? Unerwartete Zeit,
sich vorzubereiten, das Urteil annehmen zu können, einen weiteren Rückblick
wagen und Abschied nehmen zu dürfen? Besonders die Art und Weise der
Aufstellung, die zeitliche Festlegung mit „heute“ auf diesem Schild lassen
ahnen, dass diese Entscheidung kein Gesetz, keine Rechtsnorm, kein Grundrecht
auf Leben, keine Abschaffung der Todesstrafe bedeutet, sondern damals wie heute
nur eine Aufschiebung ins Ungewisse.
So sind wir Menschen – wir schaffen es einfach nicht gut,
solidarisch, offen, frei von Vorurteilen, rücksichtsvoll mit einander umzugehen
– auch nicht mit Künstlern und Kunstintervention.
Heute keine Kreuzigung – das geht sowohl an die Adresse von
Kirchgängern als auch an die Adresse von Kunstfreunden. Heute keine Kreuzigung
sollte nicht der Ausspruch einer weltlichen Macht, sondern mehr noch die
Haltung von Menschen sein, die heute in der katholischen Kirche das Hochfest
Allerheiligen feierten und von Jesus seliggepriesen wurden mit den Worten:
selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.
Diakon Dr. Engelbert Paulus
Rottweil, 1.
November 2011 „malhalten“ Gegenwartskunst
in einundzwanzig Kirchen
Heute keine Kreuzigung.Pilatus Ruhe-Christi-Kirche Rottweil Schild Alublech 40 x 60 cm montiert 2011
IV Verletzungen
Vom Gräberfeld des sowjetischen Speziallagers (1945-50) über den Block 50 (Hygiene - Institut der Waffen-SS) in Richtung Kleines Lager (Sterbe- und Siechenlager jüdischer Häftlinge) des KZ Buchenwald Weimar, befindet sich ein Weg, der von einem Stacheldrahtzaun begrenzt wird. In diesem Zaun ist eine Hecke hochgewachsen, deren Stämmchen und Äste seit Jahrzehnten durch Reibung wundgescheuert wurden. Sie zeigen Wundmale, Einschnitte und Narben, teilweise ist der Stacheldraht in das Holz eingewachsen.
Die ständig verletzten, vernarbten und wieder aufgerissene Rinden der Bäumchen versinnbildlichen die schrecklichen Geschehnisse in den Konzentrations- und Vernichtungslagern des Dritten Reiches und symbolisieren die psychische und physische Stigmatisation der Überlebenden.
Buchenwaldkiste Kiste mit Stämmchen 19 x 44 x 44 cm 2006
V Genesis Patent 1 - 7 (Deutscher Katholikentag Ulm 2004)
Als Sohn eines
Tierarztes kennt Nikolaus Mohr das Leben und den Tod. Und er kennt viele
naturkundliche Sammlungen und Präparate. Selbst legt er
die von den Hauskatzen heimgebrachten Mauskadaver in Paraffin oder eine Formaldehydlösung
und verschließt das Glas luftdicht.
Die
Fragen, wie verändert, wie entwickelt, wie entfaltet sich Leben?, wie sieht die
vom Menschen selbst geschaffene neue Art des Menschen aus?, was wird daraus,
wenn sich der Mensch selbst zum Schöpfer neuen Lebens macht?, beantwortet Mohr
mit Präparaten für den Katholikentag 2004 in Ulm: „Genesis Patent 1 – 7“. Eine
Stufe in der evolutiven Entwicklung des nach dem Bild des Menschen geschaffenen
neuen Wesens ist die in Paraffin und Vitriol eingelegte Puppe, der Kaulquappen
gleich ein Ruderschwanz wächst. Eine ernsthafte, augenzwinkernde Beschäftigung
mit der Frage: was kann, was darf der Mensch, was wird aus ihm?
Dr. Engelbert Paulus, aus: Kunst zwischen Schaffen und Gabe in Ad multos annos Kunstverlag Fink, Lindenberg ISBN 978-3-89870-890-6
Alle in Glasflasche H 27 cm Durchmesser 12,5 cm 2003
VI Goethes Faust I Bücher und Objektkästen 1981 - 82 (Auswahl)
Prolog Mephisto Vernunft
Faust Studierzimmer Bücherhauf
Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust
Hexenküche Helena
Faust allein Wildes Feuer
Gretchen Am Brunnen
Valentin Soldat
Walpurgisnacht Es farzt die Hex, es stinkt der Bock
Walpurgisnacht Kranich Die Frommen
Gretchen Blutstuhl
Gretchen!
llustrationen Lebensstationenvon Sophie Scholl
Die Arbeiten sind Besitz der Kunstsammlung des Lankreises Sigmaringen, Leihgabe für die Widmungshäuser und Denkstätte Widerstand Weingarten Studentenwerk Weiße Rose e.V. - Ravensburg/Weingarten Galerie der Aufrechten s.a. : www.dsk-nsdoku-oberschwaben.de
Blatt 1: Forchtenberg 1921 - 1930
Vor dem Geburtshaus Sophies (* 9. Mai 1921), in dem ihr Vater Robert Scholl als Bürgermeister arbeitet und die Familie wohnt, steht links die Mutter Lina Scholl in ihrer Tracht aus der Zeit 1905 als sie noch Diakonissin war. Sophie wird später in der evangelischen Kleinkinderschule von Diakonieschwestern behütet werden. Rechts sitzt Sophie in einem Garten. Ihre Jugendzeit in Forchtenberg ist fast unbeschwert, sie liebt die Gärten und Weinberge und hält sich gerne in der Natur auf. Ein einschneidendes Ereignis ist die Geburt ihrer Schwester Thilde, die nach 10 Monaten an Masern stirbt. Im Vordergrund vor Sophie sieht man ein Kind im Taufkleid, Hinweis auf die Schwester, Vorschau auf Sophies kommenden Beruf als Kindergärtnerin und Vorhersage ihres Traumes vor ihrer Hinrichtung. Die drei Personen symbolisieren gleichzeitig die drei Lebensalter. Im Vordergrund Bildmitte erkennt man eine Mausefalle mit einer toten Maus. Als Memento Mori weist sie auf die Ermordung Sophies. Sophie kann es nicht ertragen, dass die Mäuse im Keller des Rathauses mit Fallen getötet werden. 1942 schreibt sie: „Ich erinnere mich, dass es mir als Kind ein unlösbareres und furchtbar trauriges Problem erschien, zu leben, ohne dabei andere zu vernichten. Es scheint mir jetzt noch genau so unlösbar, nur habe ich es vergessen.“
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf Papier, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Blatt 2: Ludwigsburg 1930 - 1932
Rechts oben neben dem Wohnhaus sind Robert Scholl und seine fünf Kinder Inge, Hans, Elisabeth, Sophie, Werner zum Familienphoto versammelt. Sie beobachten eine Schlägerei im Vordergrund zwischen Kommunisten und den Anhängern Hitlers. Robert Scholl sieht kritisch zu. Seine Ablehnung des Nationalsozialismus wird ihm im Jahr 1942 zum Verhängnis: Wegen Äußerungen über Adolf Hitler, den er als „Geißel Gottes“ bezeichnet, wird er zu vier Monaten Gefängnis verurteilt und mit einem Berufsverbot belegt.
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf Papier, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Blatt 3: Ulm 1932 - 1940
Aus der braunen Masse einer Kundgebung mit Hakenkreuzfahnen auf dem Ulmer Münsterplatz ragt das gotische Münster der evangelischen Kirche. Das Gotteshaus ist Kulisse für den Aufmarsch. Links im Vordergrund befindet sich Sophie in BDM-Uniform mit ihrem charakteristischen Herrenhaarschnitt. Trotz ihrer strammen Karriere bei den Jungmädels verrät ihr Blick nach Links aus dem Bild erste Zweifel. 1940 wird Sophie am evangelischen Kindergärtnerinnen-Seminar in Ulm-Söflingen eine Ausbildung zur Kindergärtnerin beginnen.
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf Papier, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Blatt 4: Reichsarbeitsdienst Krauchenwies 1941
Im Hof des Schlosses Krauchenwies sind die Frauen des Reichsarbeitsdienstes im Kreis zum Fahnenappell angetreten. Sie hissen die Hakenkreuzfahne, deren Haken verblassen und das Kreuz deutlich wird. Links im Vordergrund steht Sophie mit dem Rücken zur Gruppe. Sie beginnt sich wegen ihrer Abneigung gegenüber geisttötenden Drills und der Kasernierung und unter dem Einfluss der Schriften des Kirchenvaters Augustinus vom Nationalsozialismus abzuwenden. Über (hinter) dem Schloss eröffnet sich ein Blick in den Park, in den Sophie immer wieder „auskneift...um sich mit dem Himmel zu unterhalten“. Im Park befindet sich ein Brunnen, in seiner Form an den Gral erinnernd, auch Vorschau zum Stufenbrunnen an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ferner auf die Gnaden- und Paradiesbrunnen barocker Kirchen hinweisend.
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf Papier, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Blatt 5: Kriegshilfsdienst Fürstenberg und Blumberg 1941 - 1942
Der Bahnhof Blumberg. Sophie ist oft mit dem Zug unterwegs - für Besuche daheim in Ulm, zur Gesellschaft mit ihren Freunden und zu Treffen mit ihrem Gefährten Fritz Hartnagel. Sophie leistet als Arbeitsmaid, links im Bild, in den Kinderhorten Fürstenberg und Blumberg Dienst. Sie empfindet den Dienst als drückend und ermüdend, dennoch erhält sie zum Abschluss ein sehr gutes Zeugnis. Im Bild oben wird eine von Sophie gefertigte Zeichnung eines Säuglings widergegeben.
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf Papier, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Blatt 6: München 1942 - 1943
Im Juni 1942 beginnt Sophie Scholl in München Biologie und Philosophie zu studieren. In der Bildmitte erkennt man den Stufenbrunnen vor der Ludwig-Maximilians-Universität München (s. a. Blatt 4), im Bildhintergrund das Ornament des Bodens des Lichthofes der Universität. Sophie schließt sich der Widerstandsgruppe Weiße Rose an, die auf Initiative eines Freundeskreises um Hans Scholl und Alexander Schmorell entstand. Im Februar 1943 wird Sophie Scholl bei einer Flugblattaktion, siehe Bild oben rechts, bei der sie zusammen mit ihrem Bruder Hans im Lichthof der Münchner Maximilians-Universität Flugblätter verstreut, entdeckt und anschließend von der Gestapo festgenommen. Links im Bild sieht man ein Photo Sophies aus derErkennungsdienstlichen Behandlung durch die Gestapo. Am 22. Februar wird Sophie mit ihrem Bruder Hans und Christoph Probst vom Volksgerichtshof wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und am selben Tag im Strafgefängnis München Stadelheim mit der Fallschwertmaschine (Bild rechts) enthauptet.
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf Papier, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Blatt 7: Sophies Traum
Im Hintergrund erhebt sich ein Gebirge. Auf dem Gipfel steht ein Kreuz, daneben eine Figurenstaffage - Erinnerung an eine große Fahrt 1937. Links im Bild steht Sophie, vor ihr reißt ein Abgrund auf, rechts vom Abgrund befindet sich ein Kleinkind (s. a. Blatt 1). In der Nacht vor der Hinrichtung hat Sophie einen Traum: Es war ein schöner Tag. Sie trägt ein Kind im weißen Taufkleid einen steilen Berg hinauf. Plötzlich klafft eine Gletscherspalte auf. Sophie legt das Kind auf die andere Seite des Abgrundes, dann stürzt sie in die Tiefe.
Bleistift, Farbstift, Sepia, Deckweiß auf doppeltem Papier, obere Papierseite gerissen, Bildmaß 48,5 x 38,5 cm, mit Passepartout 60 x 50 cm, 2015
Die Bilddeutungen basieren auf der Biographie Sophie Scholls von Barbara Beuys, Hanser Verlag München, 2010 Teilweise dienten historische oder moderne Photographien und NS-Propagandamaterial als Bildvorlage. Text und Illustration von Nikolaus Mohr, Ostrach, 2015
Portrait Sophie Scholl als interaktive Kunst, Laserdruck auf Schiefertafel, Holz, Kreide, Schwamm, Schnur, 60 x 50 cm, mit Schnur 133 x 50 cm, 2015
Portrait Sophie Scholl - Erinnerungsarbeit, Photoarbeit/Puzzle, Flugblätter, auf Buchbinderpappe geleimt, 60 x 50 cm, 2015
Portrait Sophie Scholl - Vom Verschwinden und Vergessen, Digitaldruck auf Leinwand nach Computerarbeit Schwellenwert, 60 x 50 cm, 2015
Illustration mit Text, Heftform, 20 Seiten, Farbe, Klammerheftung. Preis: 4.50 € inl. Porto. (D) Skylla Edition Ostrach. Bestellung über nikolomo@nikolausmohr.de
Weitere Arbeiten zur Galerie der Aufrechten (Auswahl)
Josef Ruf Öl/Lw, Siebdruck auf Glas in Abstandsrahmen 60 x 50 cm 2016 Zitat A. Hitler: Wir halten die Kräfte des Christentums unentbehrlich für den sittlichen Wiederaufstieg des deutschen Volkes.
Josef Ruf, *1905 in Hochberg bei Bad Saulgau, hingerichtet am 10. Oktober 1940 in Brandenburg-Görden, Kriegsdienstverweigerer aus christlichen Motiven. Als „Bruder Maurus“ in der Christkönigsgesellschaft.
Michael Lerpscher Öl/Lw, Siebdruck auf Glas in Abstandsrahmen 60 x 50 cm 2016 Zitat A. Hitler: Ich bewundere das Christentum und werde es fördern.
Michael Lerpscher, * 5. November 1905 in Wilhams/Allgäu, hingerichtet am 05. September 1940 im Zuchthaus Brandenburg, Kriegsdienstverweigerer aus christlichen Motiven. Laienbruder der Christkönigsgesellschaft.
Raphael Walzer Tusche/Ölkreide/Papier 60 x 50 cm 2016 Links oben einen Dämon der die Butzenscheiben einschlägt. Es handelt sich um ein Zitat aus Grünewalds Versuchung des Hl. Antonius, Hinweis auf den nationalsoz. Widersacher, der in Walzers Leben einbricht.
Raphael Walzer OSB * 1888 in Ravensburg als Josef Walzer; † 19. Juli 1966 in Heidelberg. Benediktinermönch und Erzabt der Erzabtei Beuron. Gegner des Nationalsozialismus. 1937 emigriert. Danach im Exil in Frankreich und Algerien.